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Auszug aus der Ehewohnung

Gerade wenn der Haussegen schiefhängt und man die andere Person am liebsten auf den Mond schießen würde, haben viele Menschen den Impuls zur (vorläufigen) Klärung der Situation: Auszug aus der Ehewohnung. Kommt es im Anschluss aber zur (streitigen) Scheidung kann das böse Folgen haben.

Es ist ein gängiges Missverständnis, dass es nicht schaden kann, bei ehelichen Konflikten aus dem gemeinsamen Heim auszuziehen. Häufig ist nämlich nicht bekannt, dass ein Auszug als Eheverfehlung („böswilliges Verlassen“) gewertet werden kann.

Eheliche Pflicht zum gemeinsamen Wohnen

In Österreich gibt es eheliche Pflichten. Eine dieser Pflichten ist die Pflicht zum gemeinsamen Wohnen. In Österreich gibt es auch immer noch das Verschuldensprinzip. Das bedeutet: Hat ein Eheteil eine schwere Eheverfehlung gesetzt hat, die zum Scheitern der Ehe führt, kann auf Scheidung geklagt werden. Kommt es zu einem Verschuldensausspruch zulasten der besserverdienenden Person im Gegensatz zur „schuldlose“ Person, kann das in einer Verpflichtung zur Leistung von nachehelichem Unterhalt resultieren.

Aufgrund der Pflicht zum gemeinsamen Wohnen, könnte ein voreiliger und eigenmächtiger Auszug aus der Ehewohnung ein fataler Fehler sein. Im schlimmsten Fall könnte das nämlich bedeuten, dass man entweder für sehr lange Zeit Unterhalt bezahlen muss oder aber sich einen etwaigen Unterhaltsanspruch verwirkt. Vereinfacht ausgedrückt: Ein vorschneller Auszug aus der Ehewohnung kann den Erfolg oder Misserfolg in einem streitigen Scheidungsverfahren maßgeblich mitbestimmen.

Was bedeutet das konkret in der Praxis? Muss man zusammenleben, bis die Scheidung rechtskräftig ist, oder gibt es andere Möglichkeiten? Einigen sich die scheidungswilligen zB Eheleute darauf (am besten schriftlich), dass eine Person bereits vorab ausziehen „darf“, kann die eheliche Wohngemeinschaft gefahrlos aufgelöst werden. Eine weitere Möglichkeit ist, bei Gericht einen Antrag auf „gesonderte Wohnsitznahme“ zu stellen. Wird dem Antrag stattgegeben, kann der Auszug aus der Ehewohnung in einem Scheidungsverfahren nicht mehr als Eheverfehlung geltend gemacht werden.

Vermeiden Sie einen (frühzeitigen) Auszug aus der Ehewohnung!

Aus rechtlicher Sicht kann ein voreiliger Auszug aus der Ehewohnung jedenfalls nicht empfohlen werden. Auch wenn verständlich ist, dass man kein übermäßiges Verlangen mehr danach hat, zB mit der untreuen Ehefrau oder dem untreuen Ehemann das Badezimmer zu teilen, verbessert sich die eigene (rechtliche) Situation durch einen Auszug selten. Theoretisch ist es zwar so, dass eine Person ausziehen kann, wenn ihr die Aufrechthaltung der Lebensgemeinschaft nicht mehr zumutbar ist. Die Person hat das allerdings dann auch zu behaupten und zu beweisen. Gerade in einem Scheidungsverfahren ist es oftmals ein gefundenes Fressen, wenn eine Person einfach ausgezogen ist. Es lässt sich dann leicht behaupten, die Ehe sei zwar vorher bereits am Kränkeln gewesen, doch erst der Auszug aus der Ehewohnung habe der Ehe schließlich den Todesstoß versetzt. Auch wenn man später Ansprüche auf die Ehewohnung geltend machen möchte, ist ein verfrühter Auszug nicht hilfreich, da dieser vielleicht suggeriert, dass man nicht dringend auf die Unterkunft angewiesen ist.

Ist das Zusammenleben mit dem Ehepartner / der Ehepartnerin aufgrund von physischer oder psychischer Gewalt nicht mehr zumutbar, sollte man sich selbstverständlich keiner Gefahr aussetzen. Es bietet sich in einem solchen Fall die Möglichkeit, bei einer konkreten Gefährdung die andere Person polizeilich wegweisen zu lassen bzw. eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

Auch wenn man sich nicht auf ein streitiges Scheidungsverfahren einlassen möchte: Selbst und gerade dann, wenn man eine einvernehmliche Scheidung anstrebt, stärkt es die eigene Verhandlungsposition, der anderen Seite so wenig wie möglich Angriffsfläche zu bieten und keine Handlungen zu setzen, die möglicherweise als Eheverfehlungen gewertet werden könnten.

 

Dieser Beitrag wurde erstmals am 14. Dezember 2021 bei „Der Standard“ veröffentlicht. 

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